Freitag, 14. November 2014

Erste Einblicke in den Hinduismus...

Es ist an der Zeit, einmal unsere Standardbegrüßung anzubringen: Hi. :D
Es gibt wieder einige Dinge zu berichten... Dieses Mal besteht der Beitrag nicht nur aus witzigen Anekdoten. Jedoch nicht, weil es keine gäbe (die gibt es nämlich permanent :D), sondern, weil wir euch auch etwas über Nepals Kultur erzählen möchten :)
Lehnt euch zurück und lasst euch berieseln...

Gestern nachdem unsere Waisenkinder in die Schule gegangen sind, sind wir erstmal wieder
ins Bett :D Getan haben wir das, was wir am Besten können: chillen. Doch irgendwann, so glaubt man kaum, haben auch wir genug davon! Schließlich müssen wir die kinderfreie Zeit nutzen! Unser Ziel: der Patan Durbar Square! Los ging's... zu Fuß an der Hauptstraße entlang, an erschreckenden Baustellen und megagefährlichen Gerüsten vorbei bis zum Durbar Square. Und das, ohne überrollt zu werden. Was echt ne Kunst ist! Wir haben euch ja schon vom vielen Verkehr hier erzählt... Aber gestern in den engen Straßen auf dem Weg zu Patans Wahrzeichen Nummer 1 wars wirklich heftig... 
Wo wir gerade beim Thema Verkehr sind: Sogar Ronja nimmt den Verkehr mittlerweile ernst, beziehungsweise beginnt zu begreifen, wie vorsichtig man hier sein muss... Der älteste Junge, der bei uns im Waisenheim lebt, hatte vor zwei Tagen einen Fahrradunfall auf der Straße vor dem Waisenhaus. Er fuhr mit dem Fahrrad und wurde von einem schnellen Motorbike gerammt. Alex fiel vom Rad und schlidderte über den Asphalt. Der Motorradfahrer rammte ein weiteres Auto, welches ebenfalls in ein weiteres Auto fuhr... Alex hat zum Glück nur Schürfwunden! Falls es sowas wie Schutzengel geben sollte, hatte er einige! Der Motorradfahrer hat sich glücklicherweise auch "nur" ein Bein gebrochen...
So. Angekommen am Durbar Square kramen wir den verborgenen Schwaben aus uns heraus und nutzen vorausschauender Weise einen besonderen Service: Nennt man am Ticketschalter seinen Namen und das Ausreisedatum aus Nepal, so zahlt man nur einmal die 500NRS und darf den Square so oft man möchte besuchen :) Falls ihr also mal nach Nepal kommen solltet: Merkts euch!
Sofort wurden wir von einem Führer (:D) angesprochen und gefragt, ob er uns über den Platz führen darf. Na klaaaaar doch, denn Ronjas Herz schlug schneller: Der Führer heißt Babu, hat wunderschöne dunkle Haut UND Dreadlocks! Auch ihn haben wir auf seine Haarpracht angesprochen und bewundert! Und auch er hat uns sehr hilfsbereit seine Nummer gegeben und gesagt: "If you need any help with doing your hair, I will help you!" :) Doch nicht nur menschlich war Babu cool... Auch sonst hat er uns jede Frage beantworten können und uns den Hinduismus näher gebracht...
Für den sehr wahrscheinlichen Fall, dass ihr euch fragt: "Was erzählen die eigentlich für einen Schwachsinn? Was zum Teufel ist ein Durbar Square?" - hier die Erklärung:)

In Nepal gibt es drei bekannte Durbar Squares: in Kathmandu, in Patan und in Bhaktapur :) Gelesen haben wir, dass der schönste, wenn auch kleinste, in Patan sein soll. Gerade für die Hinduisten Nepals und Indiens ist der Durbar Square mit all seinen Tempeln eine sehr wichtige Heiligenstätte. Der Durbar Square ist der ehemalige Königspalast und besteht aus drei Hauptgebäuden. Babu führt uns zunächst zum ersten Gebäude, dem Manikeshava Chowk, das heute ein archäologisches Museum ist. Vor diesem Gebäude stehen zwei Statuen, die Götter des Hinduismus darstellen: Wer die rote Statue berührt und ihr ein Opfer gibt, meistens ist es hier die Nationalflower Nepals, soll Glück und Erfolg erfahren. Frauen dürfen diese Statue allerdings nicht berühren. Einige Meter weiter steht eine goldene Statue: Der Kopf der Figur ist der eines Löwen, der Körper ist menschlich. Die Figur stellt Narashima dar. Auf Narashimas Schoß liegt Hiranyakashipu, der seine Macht ausspielen wollte, um Herrscher der Erde, des Himmels und des Pathala zu werden. Eines Tages ging Hiranyakashipu zu Lord Brahma und bat diesen um Unsterblichkeit. Brahma lehnte jedoch ab, gewährleistete Hiranyakashipu allerdings, einen Todeswunsch zu wählen. Hiranyakashipu, der Lord Brahma austricksen wollte, sagte: "Brahma, lassen sie nicht den Tod zu mir kommen, weder von Mensch, noch von Tier, noch vom Teufel; weder bei Tag, noch bei Nacht; weder mit Stahl, mit Stein oder Holz; weder drinnen noch draußen; weder im Himmel, noch auf der Erde." Brahma, ganz der clevere Hindugott, erfüllte 
Hiranyakashipu diesen Wunsch! So wurde er von Narashima, der weder Tier, noch Mensch, sondern "halbe-halbe" war, um Mitternacht (also weder am Tag, noch in der Nacht) mit seinen Fingernägeln getötet. Clever sind sie, die Hindugottheiten! :)
Weiter ging es zum mittleren Hauptgebäude, dem Mul Chowk. Dort berichtet uns Babu über  ein hinduistisches Festival, das wir "leider" knapp verpasst haben, da es Mitte Oktober stattfindet. An diesem Festival werden im Hof des Mul Chowk 108 Kühe, die hier als Heiligtümer gelten, getötet und den Hindugöttern geopfert. Babu zeigt nach oben, also auf den Torbogen unter dem wir uns nun befinden. Er erzählt, dass die Därme der Kühe jedes Jahr nach dem Festival hier aufgehängt werden. Und in der Tat: über uns baumeln frische Kuhdärme, daneben schon etwas ältere, die bereits einige Zeit in der Sonne lufttrocknen dürfen. :D Im Mul Chowk wusch sich die Königsfamilie früher in genau dem Becken, in dem heute die Kühe geopfert werden.
Das letzte der drei Hauptgebäude wird Keshaw Narayan Chowk genannt. Hier lebte die Königsfamilie einst, heute kann man auch dieses Gebäude für einen kleinen aber feinen Aufpreis besichtigen :D Was uns an diesem Teil des Königspalastes besonders gefreut hat, ist der kleine Garten! Das erste Mal seit langem Betreten wir wieder eine grüne Fläche! Rasen unter unseren Füßen, eine kleines Stückchen Natur mitten in Patan... Ernsthaft, das tat gut :)
Sooo. Nun wird's hier doch tatsächlich prickelnd, beziehungsweise leicht erotisch angehaucht...:D Denn auf dem Durbar Square befindet sich ein Kamasutratempel. Ihr lest richtig. Babu erklärt uns mit einem Schmunzeln im Gesicht, dass Eltern ihre jungen Töchter nach der frühen Hochzeit zu diesem Tempel führen, um ihnen die Kunst der Liebe näherzubringen... Wir umrunden den Tempel und bestaunen all die Holzschnitzereien, die den Liebesakt zeigen... Irgendwie finden wir diesen Tempel und den "Workshop", den die Eltern hier anbieten lustig... Doch wenn wir genau drüber nachdenken, schockt uns die Tatsache, dass junge Mädchen schon mit Kamasutra konfrontiert werden und von ihnen erwartet wird, das anzuwenden, sehr...
Babu führt uns noch zu weiteren kleinen Tempeln. Besonders im Kopf geblieben ist uns 
einer! Es ist der Tempel, der dem gemeinsamen Sohn der Götter Shiva und Vishnu 
gewidmet ist. Vishnu ist der Gott des Schutzes und des Glücks, Shiva der der Zerstörung. Ihr gemeinsamer Sohn hat also beide Fähigkeiten: er kann sowohl Glück schenken, besitzt aber auch die Macht, dieses zu zerstören. Die Fassade des hölzernen Tempels zeigt sämtliche Bestrafungen, die einem in der Hölle widerfahren können. Babu erklärt uns, dass der Tiefe Glaube in den Hinduismus mit ein Grund für die geringe Kriminalitätsrate in Nepal ist (das dürfte vor allem euch, Fat und Mutt, freuen :D)! Hindus gehen davon aus, dass ihnen nach ihrem Tod all die schlechten Dinge angetan werden, die sie in ihrem Leben auf der Erde anderen angetan haben... Sehr interessant, dass der Glaube einen Menschen so in seinem Handeln beeinflussen kann!
Etwas schade ist es, dass wir keinen der Tempel betreten dürfen... Dies ist nämlich nur Hindus gestattet. Einen sehr kleinen Tempel dürfen wir allerdings betreten! Es riecht stark nach einer Mischung aus Gras und sämtlichen Gewürzen, was an den Räucherstäbchen liegt, die hier ebenfalls als Opfergabe angezündet werden. Ebenfalls im Tempel: ein Huhn. Ganz alleine pickt es in einer dunklen Ecke. Babu, der übrigens starke Ähnlichkeiten zu Bob Marley aufweist, erzählt, dass dieses Huhn ebenfalls eine Opfergabe sei. Erst haben wir Mitleid mit dem Huhn, so alleine wie es hier ist... Doch eigentlich ist sein Leben sehr gediegen: Es darf nicht getötet werden und wird den ganzen Tag von Besuchern gefüttert, was man dem Koloss doch etwas ansieht. :D
Joa... was gibt es zum Durbar Square noch zu sagen? Wir haben versucht, euch zumindest ein wenig von all dem zu erzählen, das der liebe Babu uns erzählt hat! Wir hoffen ja, dass man auf den Bildern zumindest erahnen kann, wie besonders der Durbar Square ist...
Das erste Mal seit unserer Ankunft in Nepal spüren wir die Spiritualität des Landes, das erste Mal können wir abschalten und die wirkliche Kultur fernab vom Müll, Lärm und Verkehr der Stadt auf uns wirken lassen :) Wir finden den Hinduismus beide sehr interessant, irgendwie fesselt er uns und wir hoffen und wissen, das wir noch mehr über ihn erfahren werden! 

Ach ja!!! Am Ende der Führung bringt Babu uns noch in eine kleine Seitengasse... Es gibt 
wohl eine neue Therapie, die dazu beitragen soll, sämtliche physische und besonders 

psychische Blockaden im Körper zu lösen. Klingt wie gemacht für uns zwei!
Ein sehr entspannt wirkender Nepalese zeigt uns verschiedene Klangschalen, die Hauptbestandteil der Therapie sind. Er nimmt sich so viel Zeit für uns und wendet diese Vibrationstherapie gleich bei uns an! Dabei wird eine wirklich große Klangschale, die aus sehr vielen Metallschichten besteht, auf bestimmte Körperregionen gestellt und sanft geschlagen. Der Nepalese stellt uns die Schale zunächst auf die Knie, wir schließen die Augen und bringen unsere Hände in die Meditationsstellung... Dann schlägt er die Klangschale sanft und wir erleben etwas, das uns wirklich begeistert: Die Vibration der Schale scheint in unsere Körper überzugehen, die Wellen sind im gesamten Bein spürbar, es scheint als würden sie sogar durch die Füße in den Boden übergehen... Nach der Anwendung auf den Knien, stellt der Mann uns die Schale auf den Kopf... nun ist die Vibration im gesamten Oberkörper zu spüren... Nach dieser kleinen Einführung in diese Therapieform wissen nicht genau, ob es Einbildung ist oder nicht, aber direkt danach fühlen wir uns beide so, als befänden wir uns nach einer Bootsfahrt wieder auf festem Land... irgendwie sind wir entspannt und ausgeglichen, wirklich! Wir überlegen uns beide, am Ende unserer Reise eine Klangschale zu kaufen... Die Erfahrung war super!:)

Gibt es noch weitere Neuigkeiten? Eigentlich wars das "erstmal"... 
Wir haben hier in der Nähe eine Yogaschule gefunden!!! Ronja, die schon ein kleiner Yogafan ist, freut sich sehr darüber, endlich in den Genuss zu kommen, von Yogameistern zu lernen und auch Lara freut sich über eine neue Erfahrung :) So haben wir vor, von nun an Yogastunden zu nehmen... vorausgesetzt die Probestunde hält, was sie verspricht: Spaß, Anstrengung und einen weiteren Einblick in Nepals Tradition und Kultur!

Mit Schrecken stellen wir fest, dass auch dieser Artikel wieder sehr lang geworden ist... Wir können uns so schlecht kurz fassen und hoffen, dass ihr unsere Beiträge mit Freude lest :)
Wir wünschen euch allen eine schöne Zeit- ob in Deutschland, England, Irland, Australien, USA, Thailand, Rumänien...Überall, wie ihr seht! :)



Bis ganz bald! Fääääädde Knutschas an euch :*

Blick auf den Durbar Square...
Bei uns scheint ja die Sonne..bei euch so? :P

Tötung des Hiranyakashipu 

Hier seht ihr die "Glücksbringerstatue", die ja für Frauen leider Tabu ist.

Luftgetrocknete Gedärme.

Hier ist er... der Liebestempel...;)

...mit einiger "Inspiration"...





Der Wohnort des Opferhuhns :)

Höchster Tempel des Squares... jedoch leider nur von außen zu besichtigen...





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